Muskel- und Kopfspielchen
Bei Nubert scheint man auf Superlative zu stehen: Mit nuPower A und nuControl 2 werfen die Schwaben einen äußerst kraftvollen Endverstärker ins Rennen. Zur Seite steht ihm eine der vielseitigen Vorstufen am Markt.
Quartettspiele … erinnern Sie sich noch an diese Kartensammlungen zu allen denkbaren Sachverhalten? Autos, Bagger, Schiffe, Flugzeuge – alles wurde in hübschen Bildern sowie in Zahlen und Werten dargestellt, die sich wunderbar vergleichen ließen. In jedem Spiel gab es diese eine Karte, jenen verflixten unüberwindbaren Trumpf, der alle anderen ausstach.
Würde man ein Quartett zum Themenkomplex Verstärker zusammenstellen, hätte Nubert gute Chancen, gleich mehrere dieser Trümpfe zu stellen.
Neue Herausforderung
Das ist insofern verblüffend, als man die Lautsprecherspezialisierten aus dem Schwabenländle oft gar nicht auf dem Schirm hat, wenn es um wattstrotzende, highendige Leistungsargumente geht. Bei Nubert hingegen gab es keine größeren Berührungsängste vor der neuen Herausforderung. Immerhin entwickeln die Klangtüftler schon seit Jahrzehnten Aktivelektroniken für ihre selbstverstärkten Subwoofer, Soundbars oder Multimedia-Boxen. Da war es ein vergleichsweise kurzer Weg, auch separate Elektronik anzubieten. Ehe das zu Missverständnissen führt: Bei den Geräten der nuPower- und nuControl-Baureihen handelt es sich um eigenständige Entwicklungen. Sie mögen in Teilaspekten auf den Erfahrungen mit bestehenden Aktivmodulen beruhen, wurden aber nicht, wie etwa der Aktivmonitor A-125 oder der neue Verstärker AmpX, aus anderen Produkten abgeleitet.
Machtvoller Einstieg
Bereits vor knapp fünf Jahren – 2015 – brachte das Unternehmen aus Schwäbisch Gmünd seine nuPower D in Umlauf. Eine durchweg bemerkenswerte Endstufe, die man eigentlich nur nach Vorlage eines Waffenscheins ausgeben sollte. Sie münzt den Netzstrom praktisch eins zu eins in musikalische Wattpower um. Eine Belastungsgrenze scheint der Kraftprotz nicht zu kennen. Bei ungefähr 3,5 Kilowatt dürften die meisten Haussicherungen das Abriegeln übernehmen. So genau lässt sich das aber nicht sagen, da die meisten Lautsprecher und Messgeräte schon vorher verglühen.
Die nuPower, offiziell wird sie mit rund 1240 Watt an vier Ohm angegeben, verschnürt ihre brachiale Leistung in einem Gehäuse, das nicht mehr Platz beansprucht als ein handelsüblicher CD-Spieler oder Gardemaß-Streamer und das obendrein auch noch „federleicht“ ausfällt.
Die Alternative
„Mhhh …“, wird sich der eine oder andere Skeptiker gedacht haben. Eine Endstufe, die ohne größere Anstrengung jeden Lautsprecher von seinen Chassis befreien kann – was generell ja sehr cool ist –, sollte gefälligst auch aussehen wie ein ungezügeltes Monstrum! Außerdem störten sich einige audiophile Zeitgenossen an der zugrunde liegenden Technik. Class D oder PWM, wie es besser heißen müsste, mag im Kern durch und durch analog sein, das Schaltungskonzept wird trotzdem oft als Digitalverstärker missverstanden. Ein fehlgeleitetes Ideologiegespinst, das man aus den Köpfen der aktuellen HiFi-Generation wohl nicht mehr herausbekommt. Mit diesen Skeptikern musste sich Nubert nicht weiter herumärgern. Denn kaum war die D am Markt, kündigten die Schwaben eine durch und durch „analoge“ Alternative zu ihrer PWM-Monstrosität an.
Bis zum Release der nuPower A flossen allerdings noch einige Kubikkilometer Wasser die Rems hinab. Und das leider sprichwörtlich: Ein Hochwasser des an sich harmlosen Flüsschens vernichtete das komplette erste Fertigungslos und verzögerte die Endstufe … zwei völlig verschlammte Belege des extremen Wetterphänomens begrüßen aus einer Vitrine heraus die Besucher des Firmenstammsitzes.
Nubert nuPower A: Ein Koloss!
Die Endstufe bietet all das, was der zierlichen D fehlt. Ihr Gehäuse ist ein veritabler Aluminiumbrocken, der aber mit Abmessungen von 43 mal 45 Zentimetern und knapp 25 Zentimeter Höhe problemlos in jedes Rack passt. Mag das noch verdaubar erscheinen, machen 42 Kilogramm das Auspacken und Aufstellen der Endstufe zur Aufgabe für zwei. Maßgeblichen Anteil am Gewicht haben das robuste, tadellos verarbeitete Metallgehäuse mit seinen Kühlrippen sowie die Transformatoren des Netzteils.
Bei Letzteren verwendet Nubert nicht die allseits beliebten und verbreiteten Ringkerne. Stattdessen setzte Projekt- und Entwicklungsleiter Markus Pedal auf große Schnittbandtransformatoren. Man muss sich eigentlich fragen, warum man die nicht viel häufiger antrifft. Sie erzeugen im Inneren des Gehäuses weniger Einstreuungen, was bei einer Endstufe dieser Leistungsklasse essenziell ist. Und damit wären wir wieder bei den Argumenten, die Nuberts Elektronik zum Trumpf in jedem Quartett qualifizieren: Für zahlenversessene Musikliebhaber wirft die nuPower A eine Dauerleistung von 540 Watt in den Ring. An vier Ohm. Die für Musik entscheidendere Musikleistung liegt derweil sogar bei 1150 Watt. Im Mono-Brückenmodus sind es dann sogar die vollen 1150 Watt in der Dauerbelastung. Damit braucht sich die A also nicht hinter der D zu verstecken. Wie ihr schlankes Geschwisterchen ist die Endstufe ein Garant für Dynamik-Orgien.
Dank der außergewöhnlich ruhigen Transformatoren und ihrer handverlesenen Signalverarbeitung punktet die mächtige Stereo-Endstufe mit einem Rauschabstand von 117 Dezibel und harmonischen Verzerrungen im Bereich um 0,002 Prozent.
Erstaunlich leichtfüßig
Wer diese großspurigen Zahlenspiele mit Schwerfälligkeit assoziiert, dürfte vom Klang der Endstufe überrascht werden. Bereits nach wenigen Tönen über Wilson Audios Sasha DAW erwies sich „Fräulein A“ als außerordentlich leichtfüßige und geradezu spritzig-lebhafte Leistungsendstufe. Musikalische Vorlieben scheint sie nicht zu haben. Egal, ob wir sie über Audiodatas MusikServer II mit Hugh Masekelas legendärem 94er Livemitschnitt von „Stimela“ fütterten, mit akustischer Kost wie Neil Youngs „Old Man“ (Harvest) oder mit standesgemäß abgemischtem Ambience-Electro von Boards Of Canada, sie beförderte die Frequenzen stets neutral, sauber und ohne jeden Anflug von Färbung in den Hörraum.
Die erstaunliche Leichtfüßigkeit verlieh der Musik dabei ein wahrhaft mitreißendes Flair, dem wir uns nur schwer entziehen konnten. Noch beeindruckender ist allerdings, dass die Endstufe ihre Klangtugenden über das gesamte Leistungsspektrum ausspielt. Selbst wenn man den Pegel extrem leise einstellt, lassen ihre kraftvollen Attacken und die unvergleichliche Stabilität in den untersten Bassregistern die schiere Power des Kraftwerks erahnen. Tiefe Impulse versetzten auch so schon physisch fühlbar, souverän und beeindruckend die Raumluft in Bewegung. Umgekehrt büßt sie aber selbst dann nichts von ihrer Leichtgängigkeit, Präzision und ihren flinken, geradezu explosiven Impulsen ein, wenn man die Wände wackeln lässt. Diese unglaubliche Spielfreudigkeit relativiert den Preis von 3750 Euro: In dieser Leistungsklasse erscheint das Kraftpaket als reinster Schnapper!
Nubert nuControl: Perfekte Kontrolle
Da so ein Koloss natürlich ordnungsgemäß angesteuert werden muss, schickte uns Nubert auch die passende Vorstufe nuControl 2. Sie baut auf dem 2014 vorgestellten ersten Modell auf und verfeinert dessen Konzept, ohne den gebotenen Rahmen an irgendeiner Stelle zu durchbrechen. Alles andere wäre schade gewesen, da bereits nuControl Nummer eins herausragend war …
Um die highfidele Kontrollstation kurz zu umreißen: Bei der nuControl handelt es sich um eine DSP-gesteuerte Vorstufe. Auch die Signale ihrer vier analogen Eingänge werden also gewandelt und gleichberechtigt mit den vier Digitalzugängen sowie USB-Audio „verarbeitet“. Die Möglichkeiten zur Signalbeeinflussung sind beeindruckend. Los geht’s mit einem Dreiband-EQ (Bass, Mitten, Höhen) und zwei unterschiedlich abgestimmten Loudness-Kurven. Außerdem bietet das Menü eine siebenbandige, teilparametrische Filter-Phalanx. Teilparametrisch bedeutet hier, dass die Bänder für bestimmte Arbeitsbereiche vorgesehen sind. EQ1 lässt sich beispielsweise im Bereich von 20 bis 150 Hz extrem fein in Ein-Hertz-Schritten abstimmen. Außerdem ist die Filtergüte einstellbar, und mit −12 bis +6 Dezibel ist der Einflussbereich der Filter klug skaliert.
Ausgestatt wie ein AV-Receiver
Schließlich kann man auch noch Verzögerungen programmieren. Die Hauptlautsprecher lassen sich um bis zu 10, die beiden Subwoofer-Ausgänge um bis zu 16 Meter verzögern und individuell einpegeln. Das erleichtert die Integration der nuControl in ein Surround-Setup oder perfektioniert die Phasen- bzw. Timing-Abstimmung der beiden möglichen Subs.
Darüber hinaus bietet die Vorstufe den vollen Wahnsinn digitaler Prozessoren: Im übersichtlichen wie intuitiven Menü kann man etwa die Pegel-Minderung der Mute-Funktion festlegen, das Display dimmen, die Eingangsempfindlichkeit der vier Analogzugänge abstimmen oder den Einschaltpegel definieren. Alle Parametersätze lassen sich über die beigepackte Fernbedienung in vier Presets speichern. Und besonders wichtig: Da in der Summe eine ganze Menge an (Fehl-)Einstellungen zusammenkommen können, gibt’s schlauerweise einen Werks-Reset.
Digital … ist … hier … überlegen!
Wir wissen, dass es hier und dort Ressentiments gegen DSP-Signalverarbeitungen und alles „Unanaloge“ gibt. Gerade bei dieser Masse an EQs und Möglichkeiten führt aber kein Weg am Elektronengehirn vorbei. Man stelle sich nur einmal vor, was für ein Bauteilaufwand erforderlich wäre, um mit analogen Mitteln funktional auch nur in die Nähe der nuControl 2 zu gelangen. So eine Vorstufe ginge ins Fünfstellige. Und die Baugruppen wären zusätzlicher Ballast im Signalweg.
Nutzt man die EQs der Nubert-Vorstufe hingegen nicht, finden einfach keine Berechnungen statt. Die Filter sind dann schlichtweg nicht vorhanden. Um dem grüblerischen Skeptiker in unseren Köpfen überdies keine Chance für sein notorisches „Moment mal …“ zu lassen, können die Filter, EQs, Delays etc. im Menü abgeschaltet werden. Einen Klanggewinn bringt das nicht, das Gewissen beruhigt dieser „virtuelle Bypass“ aber ungemein.
Kleines, aber feines Upgrade
Die erste Version der nuControl kam trotz aller Finesse mit kleineren Einschränkungen daher. So verarbeiteten ihre A/D- und D/A-Wandler lediglich 24 Bit und 96 Kilohertz. Das war uns um ehrlich zu sein völlig schnuppe, denn sie klang auch damit einfach vorzüglich. Die Praxisrelevanz von Hochbit-Audio ist ohnehin fragwürdig. Aber egal, die neue „2“ ist von diesem Manko befreit und verarbeitet nun das volle Spektrum bis 24/192.
Das zweite Update korrigiert eine kleine Flexibilitäts-Einschränkung der ersten Version. Die nuControl wurde in erster Linie als Treiber für nuPower A und D konzipiert. Während ihre analogen Ausgänge geregelt waren, gaben die Digitalabgriffe stets Line-Pegel (digitale Maximalaussteuerung) aus. Die beiden Endstufen besitzen schließlich keinen Digi-In. Das ist nun anders, denn auch die digitalen Ausgänge übertragen das geregelte bzw. gepegelte Signal. Man kann die Vorstufensignale also in weitere verarbeitende Digi-Komponenten lotsen oder sie zum Aussteuern digitaler Aufnahmen verwenden.
Klangoptimierung
Die wichtigste Änderung erscheint auf keinem Datenblatt. Da Nubert wegen der neuen DACs ohnehin am Layout der Vorstufe tweaken musste, wurden auch die Bauteile hinterfragt. Hier und dort wurden Widerstände etc. gegen besser klingende Varianten ersetzt, was den Klang des Pres „dezent“ verbesserte, wie uns sein Schöpfer Markus Pedal bei einem Besuch im Nubert-Hauptquartier verriet.
Tatsächlich erlaubt sich die nuControl 2 einen zarten und äußerst schmeichelhaften Hauch von „Sound“. Wo sich die mächtige Endstufe in unbestechlicher Neutralität übt, spielt der Vorverstärker mit einer sanften, cremigen Note. Dieser seidige und herrlich warme Charakterzug gefiel uns außerordentlich gut. Vermeidet er doch, dass „moderne“ Abmischungen zu frisch oder gar scharf und schneidend klingen. Oder anders gesagt: Man kann mit der Nubert nuControl 2 auch Genres wie Alternative-Rock entspannt und genussvoll hören. Und bitte nicht missverstehen: Wir sprechen hier über eine feine Nuance in der Abstimmung, die sich unter Einsatz der Filter einfach korrigieren lässt. Und grundsätzlich besitzt die Vorstufe eine hervorragende Auflösung. Sie reproduziert Höhen bis 24 Kilohertz und zeichnet alle Details klar, plastisch und nachvollziehbar in den Hörraum.
Wir meinen …
Nubert ist mit seinem Gespann ein unschlagbar musikalisches Duett gelungen. Die Leistung und Natürlichkeit der Endstufe macht die Wahl des Lautsprechers zur bloßen Geschmacksfrage, während die zahlreichen Anschlüsse und Möglichkeiten der Vorstufe mit AV-Receivern konkurrieren können und den Kontrolletti zur echten Audio-Workstation befördern. Mit etwas Geschick (und Mess-Equipment) kann man mit den Filtern der Nubert nuControl 2 sogar Raummoden eindämmen. Die Verarbeitung der Geräte ist ebenfalls hervorragend. Was sollen wir also noch Worte verlieren: Die „nus“ bilden ein Spitzenduo zum unschlagbaren Kurs!
Technische Daten
Nubert nuControl 2
Konzept: digitale Vorstufe mit DSP-gesteuerten programmierbaren EQs und Filtern
Eingänge analog: 1 x XLR (symmetrisch), 3 x Stereocinch (unsymmetrisch)
Eingänge digital: 2 x S/PDIF elektrisch, 2 x S/PDIF optisch, 1 x USB
Ausgänge analog: 1 x XLR (symmetrisch, geregelt), 1 x Cinch geregelt, 1 x Cinch ungeregelt, 2 x Subwoofer (geregelt)
Ausgänge digital: 1 x S/PDIF elektrisch (geregelt), 1 x S/PDIF optisch (geregelt)
Trigger: 1 x Mini-XLR (12 V)
DSP-Klangregler: Bass, Mitten, Höhen
Equalizer: 7 Bänder, teilparametrisch, 1 Band als zusätzlicher Bass-Equalizer
Delays: 2 x für Hauptlautsprecher bis 10 m, 2 x für Subwoofer bis 16 m
Loudness-Regelung: zwei Stufen oder Bypass
Rauschabstand: 122 dB(A) an allen Signaleingängen
Klirr: 0,0005 %
Frequenzgang: 10 Hz bis 24 kHz (+0/−0,5 dB)
Maße (B/H/T): 43/9/38 cm
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 1940 €
Nubert nuPower A
Konzept: Stereo-Endstufe mit vollsymmetrischer Signalverarbeitung in Class-AB-Technik
Dauerleistung: 2 x 540 W (4 Ω, 0,5 % THD+N)
Musikleistung: 2 x 1150 W (4 Ω, 0,5 % THD+N)
Optionaler Monobetrieb: 1 x 1150 W Dauerausgangsleistung (4 Ω, 0,5 % THD+N)
Eingänge: XLR und Cinch
Ausgänge: 2 x Lautsprecherklemmen, für Bi-Wiring oder Parallelbetrieb verschiedener Lautsprecher
Rauschabstand: 117 dBA (1000 W), THD+N < 0,002 %
Sonstiges: Remote-Verbindung zum ferngesteuerten Einschalten mit nuControl und nuControl 2
Maße (B/H/T): 43/25/38 cm
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 3750 €
Der Beitrag Nubert nuControl 2 und nuPower A erschien zuerst auf FIDELITY online.
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