Test Standbox Fyne Audio Vintage Ten: die Koax-Evolution
Wer über 20.000 Euro für ein Paar Lautsprecher ausgibt, will nicht alle naslang von vermeintlichen technischen Revolutionen aus der Ruhe gebracht werden. Fyne Audio kann diese Ruhe vermitteln, wie kaum ein anderer Lautsprecherhersteller – und das, obwohl die Firma noch ganz jung ist. Wir hatten die Fyne Audio Vintage Ten im Test, die trotz der Jugend der Marke den Eindruck vermittelt, schon viele, viele Jahre auf dem Markt zu sein.
Wer an der Fyne Audio Vintage Ten eine gewisse Ähnlichkeit zu einem anderen schottischen Lautsprecherhersteller zu erkennen glaubt, liegt nicht daneben, bekommt dafür aber auch keinen Schnellmerkerpreis. Der Stilmöbel-Look entspringt unverkennbar der quick hundertjährigen Tradition der ursprünglich englischen, später dann schottischen Kultmarke Tannoy. Wobei dort die Besitzverhältnisse zuletzt etwas undurchsichtig geworden sind: Tannoy struggle seit 2002 Teil der dänischen TC-Gruppe, die ihrerseits 2015 in Uli Behringers MUSIC Group aufging.
Der frische Wind struggle Tannoys Entwicklungsabteilung wohl zu eisig: Nahezu vollzählig folgte sie 2017 ihrem Chef Dr. Paul Mills zu dessen neu gegründeter Marke Fyne Audio. Die hat unweit von Edinburgh ihre Zelte – genauer: Werkshallen – aufgeschlagen und brummt seit ihrer Gründung geradezu vor Aktivität: Acht unterschiedliche Baureihen, vom dreistelligen Einsteiger-HiFi bis zu deutlich über fünfstelligen High-End-Spezialitäten, wurden seither entwickelt und auf den Markt gebracht. Die preiswerten Serien lassen die Schotten in China fertigen. Die vornehmen Vintage-Modelle schrauben, kleben und löten sie dagegen höchstselbst zusammen. Was sie nicht im eigenen Werk produzieren kann, etwa Präzisions-Frästeile für die Treiber, bezieht die Fyne-Mannschaft von lokalen Zulieferern.
Die Eigenheiten der Fyne Audio Ten
Um die technische Kompetenz müssen wir uns bei Fyne additionally keine Sorgen machen. Und es wäre naiv zu erwarten, dass Dr. Mills in seinem neuen Büro, nur fünf Minuten vom alten Tannoy-Werk entfernt, plötzlich eine komplett neue Philosophie unter dem Kilt hervorzaubert. Wenn man wie ich Fan schottischer Groß-Koaxe ist, bedeutet das einen Glücksfall. Nämlich einen neuen, hoch aktiven Hersteller, der diese Technologie in Boxen nahezu aller Preisklassen anbietet. Die Vintage Ten entstammt dabei der vornehmsten Baureihe, die mit ihrem Design klar den Traditionalisten anspricht, hinter ihren Nussbaum-Palisaden aber neueste Erkenntnisse mitbringt.
Besonders verlockend wird die Vintage Ten für mich durch den Umstand, dass ich selbst seit Jahren eine Tannoy mit Zehnzoll-Dual-Concentric betreibe. Und das mit dem größten Vergnügen. In meinen Geschichten für LowBeats taucht dieser Lautsprecher (eine Legacy Eaton) immer mal wieder auf, freilich ohne eigenen Test. Den bekam stattdessen ihre Zwölfzoll-Schwester Cheviot. Doch genug des Tannoy-Exkurses. Der soll hier nur herleiten, dass das in der Vintage Ten verwendete Treiberformat nicht aus einer spontanen Laune entstanden ist, sondern traditioneller Teil der schottischen Koaxtreiber-Dreifaltigkeit ist.
Diese besteht aus den Größen 10, 12 und 15 Zoll, die allesamt grundlegende Stärken teilen: Selbst der Zehnzoll- (additionally 25cm-) Treiber hat schon so viel Membranfläche, dass man daraus ohne die Unterstützung irgendeines weiteren Treibers echte Vollbereichsboxen bauen kann. Mit großer Dynamik versteht sich, die sich mit 12 Zoll auf „riesig“ und mit 15 Zoll auf „kolossal“ erweitern lässt. So lassen sich alle erdenklichen und auch völlig maßlose Dynamikvorstellungen stets mit dem passenden, rein im Zweiwegeprinzip arbeitenden Chassis abdecken – das zudem als angenäherte Punktschallquelle arbeitet.
„Dual Concentric“ ist ein Tannoy-Markenzeichen, das Fyne weder nutzen darf noch will. Seine neuen Koaxtreiber hat Paul Mills „IsoFlare“ getauft. Was man sowohl konstruktiv – im Sinne einer sich kontinuierlich weitenden Hornkrümmung – als auch akustisch – als homogene Abstrahlcharakteristik – interpretieren kann.
Beides trifft auf die Fyne-Koaxe voll zu, die an modernisierte, von Grund auf neu konstruierte Tannoy-Treiber erinnern. Ihre Aufgabe ist schnell beschrieben, aber nur mit großem Aufwand realisierbar: Den gesamten Frequenzumfang der Musik in jeden Winkel des Raums mit konstantem Phasenverhältnis, ohne winkelabhängige Verschiebungen abzustrahlen. Egal ob wir von ober- oder unterhalb, von rechts oder hyperlinks des Lautsprechers hören und messen: Alle Frequenzen legen stets exakt gleich lange Wege zum Ohr zurück. Das Gehör liebt diese Homogenität und lässt beim Hören unglaublich plastische, dreidimensionale Bilder entstehen. Wer die Abbildungsqualitäten eines großen Koaxtreibers zu schätzen gelernt hat, wird sie bei den meisten anderen Lautsprechern schmerzlich vermissen – auch wenn die vielleicht in anderen Disziplinen Vorteile haben.
Wie gesagt: „vielleicht“. Denn hinter jedem Fyne-Koax stehen Jahrzehnte akkumulierter Erfahrung und Perfektionierung, die Dr. Mills und sein Team zunächst in Tannoy-Diensten und nun auf eigene Rechnung angehäuft haben. Von den gelegentlich kolportierten Koax-Schwächen und -Problemen kann ich an der Vintage Ten dann auch so intestine wie nichts mehr finden. Das liegt sicher auch daran, dass ich Koaxfan bin. Vor allem aber lässt es auf eine sehr ausgereifte Treiberkonstruktion schließen. Mit allen anderen Koaxen teilen die IsoFlares ihre geometrische Grundlage: Hoch- und Tiefmitteltöner arbeiten mehr oder weniger exakt konzentrisch, der Hochtöner sitzt additionally mittig vor oder im Mittel- und/oder Tieftöner.
In der konkreten Umsetzung und den dabei verfolgten Prioritäten gibt es große Unterschiede. Bei ME Geithain schweben Hoch- und Mitteltöner auf einer eigenen Montagebrücke vor der Bassmembran. KEF und TAD lassen ihre Hochtöner komplett in der Tiefton-Schwingspule verschwinden, mit der Kalotte exakt am Ursprung des Tieftontrichters. Fyne verfolgen dagegen die klassische Dual-Concentric-Bauweise, bei der sich der eigentliche Hochtontreiber nicht in, sondern hinter der Tiefton-Schwingspule befindet und mit einer Horn-Schallführung durch diese hindurch bläst.
Dabei kommt ein mächtiges, sehr tief bauendes und mechanisch komplexes Zweiwege-Chassis heraus, das sich mehr als die anderen Umsetzungen für einen echten Vollbereichs-Einsatz eignet. Denn als Hochtöner zirpt hier keine smart 20er- oder vielleicht 25er-Kalotte, sondern ein kapitaler Druckkammertreiber mit 75-Millimeter-Titankalotte und superstarkem Neodym-Antrieb. Zusammen mit dem vorgeschalteten Metallhorn macht der aus ganz wenig Leistung enorme Schalldrücke.
Oder, wenn es keine Clubs zu beschallen gibt, eine praktisch klirrfreie, hochdynamische Hochtonwiedergabe bei HiFi-Lautstärken und auch deutlich darüber hinaus. Weil der überdimensionierte Treiber eh kaum arbeiten muss, lässt er sich auch ganz locker bei Frequenzen einsetzen, die mit normalen, direkt strahlenden Kalotten undenkbar bis zerstörerisch wären: Die Vintage Ten lässt ihren Tieftöner bereits bei 750 Hertz mit 12 Dezibel Flankensteilheit aus dem Mittelton verschwinden. Und dann beginnt das Reich des Horns…
Die tiefe Trennfrequenz ist entscheidend. So muss der 25er Tieftonkonus wirklich nur Schwingungen vollführen, für die er qua Antrieb, Membranmasse und -festigkeit auch optimum geeignet ist. Auch in diesem Teil des Fyne-Treibers mischen sich Tradition und moderne Verfeinerung auf reizvolle Weise. Die Membran besteht, ähnlich wie die klassischen Dual Concentrics, aus einem Fasergemisch, das Härte und innere Dämpfung mit erwiesener Langzeitstabilität verbindet. Fyne nennt es „Multi Fibre“, ohne aber auf die Komponenten genau einzugehen. Die Membran fühlt sich jedenfalls sehr glatt und ebenmäßig an, ohne aber mit plastikartiger Haptik zu irritieren. An ihrem Rand ist sie mit einer Gummisicke eingefasst, deren Wulstform alles paar Zentimeter durch kleine Dellen unterbrochen wird. Die Dellen sollen die Sicke, deren akustische Beiträge gänzlich unerwünscht sind, noch klangneutraler arbeiten lassen.
Zehn Inbus-Gewindeschrauben halten den schweren IsoFlare-Treiber in der Schallwand der Vintage Ten. Passend zum bronzefarbenen Zierring, der den eigentlichen Gusskorb abdeckt, tragen diese Schrauben eine Vergoldung, während die Prägung „12.9“ auf ihre außerordentliche Zugfestigkeit hinweist. Im Alltag kann man den teuren Treiber hinter einer Textilabdeckung mit Holzrahmen verbergen, die den gesamten inneren Schallwandbereich bündig einnimmt. Wer sie abnehmen will, muss nicht würdelos mit Fingernägeln oder ungeeignetem Werkzeug daran herumreißen, sondern nutzt dafür einen edlen, griffigen Messingknauf an der unteren Rahmenkante.
Stets sichtbar bleibt die Wurzelholz-Frontplatte, die unten an die Abdeckung anschließt. In ihr eingebettet befinden sich ein „Presence“-Regler mit feinem Zeiger und verglaster Skala, sowie die großen, goldschimmernden VINTAGE-Lettern. Prachtvoller kann man sowas nicht umsetzen, ohne sich lächerlich zu machen.
Das gilt ebenso für das gesamte Gehäuse, das genauso intestine als Stehpult in einer sehr vornehmen Bibliothek dienen könnte: Feines, nach Wachs duftendes, mit Intarsien und Wurzelholz veredeltes Nussbaumfurnier mit Massivholzkanten, darunter vielfach verstrebtes Birken-Multiplex. Ein Gehäuse, das man nicht mal eben irgendwo hin bewegt: Mit 55 Kilo professional Stück ist die Vintage Ten von einer Einzelperson praktisch nicht aufbaubar.
Ich habe es trotzdem gemacht, aber es struggle kein Spaß. Zumal die Gehäuse nicht nur seidig glatt und rutschig sind, sondern an den Seiten auch noch sanft verrundet. Die Vintage-Modelle haben dadurch einen leicht trapezoiden Grundriss, sind hinten etwas schmaler, bleiben aber äußerst stattliche Erscheinungen. Der Sockel trägt eine mit Stoff verdeckte, rundherum verlaufende Austrittsöffnung für den Bass, der einer eigenwilligen Doppelgehäuse-Reflexkonstruktion entspringt.
Der eigentliche Reflexport mündet dabei in eine Kammer, die sich ihrerseits senkrecht nach unten in Richtung der Bodenplatte öffnet, wo ein großer Streukegel den Luftstrom gleichmäßig in alle Richtungen verteilt.
Weil der Tiefbass-Verteilerkegel nach dem Vorbild einer Schlepp- oder Traktrixkurve geformt ist, nennt Fyne die ganze Anordnung „BassTrax“. Im Test funktionierte sie prächtig. Sie verleiht der Box nicht nur einen erfreulich hohen Wirkungsgrad, sondern macht sie auch auffallend aufstellungstolerant.
In meinem für Boxen dieser Größe eigentlich zu kleinen Hörraum konnte ich die Fyne in verschiedenen Wandabständen ohne größere Unterschiede in der Bassperformance oder gar ausgeprägte Dröhnfrequenzen betreiben. Klar: Die Grundresonanz des Raums im Tiefbass verschwindet nicht. Aber die Anregung scheint mit der Fyne nicht so heftig und auch nicht so stark standortabhängig auszufallen wie mit anderen großen Lautsprechern. Umgekehrt entfaltet sich die Tieftonwiedergabe geradezu atemberaubend, wenn ihr entsprechender Raum zur Verfügung steht – wie in meinem großen, nur schwach bedämpften Wohnzimmer, das temporär als Zweit-Hörraum herhalten musste. Was an diesem Aufstellort ebenfalls auffiel, ist die erstaunliche Sozialkompetenz des schottischen Großlautsprechers: Auf Bildern vielleicht noch etwas barock, steht reside im Raum einfach ein wunderschönes Möbelstück, das auch etwas weniger kompromissbereite Partner akzeptieren. Zumindest solange man die zentnerschweren Nussbäume nicht mit ihren serienmäßigen, mächtigen M10-Spikes direkt in den Parkettboden rammt, sondern sie behutsam auf den mitgelieferten, stabilen Untersetzern platziert.
Angeschlossen wird die Fyne über vornehme Polklemmensätze aus der NextGen-Serie des deutschen Herstellers WBT, die für Tief- und Hochtonzweig getrennt vorhanden sind. Wer kein Bi-Wiring verwenden will, findet auch solide Kabelbrücken im Zubehörkasten, die am einen Ende mit Kabelschuh und am anderen mit Banana konfektioniert sind. So bleiben auch im gebrückten Betrieb stets alle Anschlussoptionen der Box zugänglich. Eine weitere, einfachere Klemme unterhalb der Bassterminals ist intern mit dem Chassiskorb verbunden, der damit geerdet werden kann. Das kennen wir bereits von Tannoy: Geerdet spielen die Boxen meiner Meinung nach einen Hauch aufgeräumter und räumlich genauer. Wer’s nicht glaubt, lässt die Erdung halt weg, aber ausprobiert sollte man sie haben – zumal sie weder in der Boxenherstellung noch im Anschluss (beliebige Kabelstücke reichen) besonderen Aufwand bedeutet.
Zur Raum- und Geschmacksanpassung dienen neben der Wahl des Aufstellorts und -winkels gleich zwei stufenlose Drehknöpfe, die zu verlustarmen, vergoldeten Drahtpotentiometern führen. Nummer eins ist der schon beschriebene frontseitige Steampunk-Knauf, der den klanglich besonders heiklen Präsenzbereich um bis zu 3dB absenkt oder anhebt. Das kann in schallharten Räumen etwas Stringenz und Aufdringlichkeit aus dem Klang nehmen, gerade wenn man lauter hört. Nummer zwei befindet sich auf der Rückseite und kommt ohne Uhrglas, dafür mit einer massiven, güldenen Skalenplatte, in die unter anderem auch Boxentyp und Seriennummer eingraviert sind. Als „HF Energy Control“ beeinflusst dieser Knopf den Gesamtpegel des Hochtöners, und zwar wiederum um ±3dB.
Dafür magazine es auch sinnvolle Verwendungen geben – zumal Tannoy seit Jahrzehnten ganz ähnliche Optionen anbietet. Ich muss aber zugeben, die Regler bei der Vintage Ten nur zur Funktionsprüfung wirklich verwendet zu haben. Danach verblieb – wie auch bei meiner Tannoy – alles in Werkseinstellung. Das absolut stimmige Voicing der Box hat diese Korrekturen nur in wirklich problematischen akustischen Verhältnissen nötig. Und auch da ist es langfristig viel erfolgversprechender, akustische Probleme an der Wurzel anzugehen, additionally für ausgewogene Nachhallzeiten zu sorgen und die geflieste, kahle Wohnhalle verdammt nochmal mit ein paar Plattenschränken, Polstermöbeln und Teppichen auszustatten.
Eine wirklich feine Hochtonauflösung lässt sich durch schlichtes Anheben des Pegels ohnehin nicht erzwingen, wenn sie nicht ohnehin schon da ist. Ebenso wenig verwandelt sich ein aufdringlich zimbeliger Tweeter in einen seidigen Charmeur, indem man ihn ein bisschen leiser dreht. Meine Zehnzoll-Tannoy hat in dieser Hinsicht keinerlei Defizite. Aber trotzdem gibt es eine gewisse Erwartungshaltung, wenn man vor einem Treiber ganz ähnlicher Bauart und gleichen Kalibers sitzt, der in einem doppelt so hohen, dreimal so schweren und viermal so teuren Lautsprecher verbaut ist. Wenig überraschend zunächst: Die beiden so unterschiedlichen Zehnzoll-Koaxe stehen sich klanglich näher als irgendwelchen anderen, jeweils preislich vergleichbaren Konstruktionen.
Der Dual Concentric – beziehungsweise seine Fyne-Nachfolge – dominiert gewissermaßen über die durch unterschiedliche Budgets und technische Umsetzung hervorgerufenen Merkmale. Ob ich zwei Verstärker an der Fyne oder der Tannoy vergleiche, hat keinen Einfluss auf das Ergebnis. In jedem Fall habe ich, wenn der Amp das umsetzen kann, einen herrlich soliden, präsenten Ton, der nicht nur aus Umriss, sondern aus spürbarer, greifbarer Substanz besteht. Und der mit natürlichen Instrumenten und Stimmen gespenstisch echt und erschreckend nah wirken kann. Die Raumabbildung ist hier wie da sensationell, aber nicht im Sinne eines super-kleinteiligen H0-Modelleisenbahndioramas, wo selbst der zwei Zentimeter große Vorsteher des Bahnhofs „Steinbach“ noch mit akkuraten Gesichtsfältchen über seine Geranien zwinkert. Sondern im Zweifelsfall immer auf der Seite realen Gewichts und realer Größe. Ein einsetzender Sänger ist somit nicht nur exakt zu verorten, sondern er besitzt auch eine glaubwürdige Statur, verdrängt eine glaubwürdige Menge Hörraumluft, noch bevor wir den Ton aus seiner Kehle hören. Also: Es gibt Boxen, die noch etwas präziser staffeln. Aber nur wenige, über die die Musik den Raum so verbindlich und kraftvoll in Besitz nimmt.
Hörtest
Das obige trifft wie gesagt auf beide Boxen zu – auf meinen treuen Tannoy-Arbeitsmonitor ebenso wie auf die beautiful neue Standbox, die womöglich von exakt dem gleichen Entwicklungsteam stammt. Aber die Fyne kann alles viel besser, und fügt Elemente hinzu, die mit der kleineren Box einfach komplett fehlen. Ernsthaften Tiefbass zum Beispiel: Die Vintage Ten ist ein echter Vollbereichslautsprecher, auch in der wirklich strengen Interpretation dieses Begriffs. 26 Hertz gibt der Hersteller als untere Grenzfrequenz an, und der Hörtest gab keinen Anlass, daran zu zweifeln. Die Fyne bewegt ernsthafte Mengen Luft, und sie bewegt sie mit glaubhafter Autorität. Dadurch erhält Drum&Bass, etwa die von LTJ Bukem kuratierte Compilation „Logical Progression“, eine zusätzliche, wichtige Dimension, die ihr über kompaktere Lautsprecher einfach komplett fehlt.
Tatsächlich: Da gibt es komplette Basslines, die entweder da sind oder nicht. Das erstaunlich intestine gealterte Dreifachalbum von 1996 markiert einen stilistischen Urknall: Produzenten wie Peshay, PFM und Bukem selbst nahmen aus dem frühen Jungle etwas die Härte raus und reicherten ihn mit souligen, atmosphärisch-jazzigen Vibes an. Nebenbei wurde der Sound raffinierter, komplexer und quick audiophil. Dennoch sind die Tracks unmissverständlich für große Soundsysteme mit praktisch unbegrenzten Bass- und Pegelfähigkeiten produziert: Anders als bei einem Kontra- oder Orgelbass, der dank natürlicher Oberwellen auch auf „zu kleinen“ Boxen stets wahrnehmbar bleibt, verschwinden manche der programmierten Subbass-Linien einfach komplett, wenn der Tiefgang nicht reicht. Oder lassen eben die Hosen flattern und das Herz hüpfen, wenn man vor einer Galaxie von Bassrutschen steht, wie sie etwa der Hamburger Club Cubic entlang seiner kompletten Rückwand aufgereiht hatte. Das Cubic verschwand so plötzlich, wie es erschienen struggle. 1998 schloss es offenbar, und wo es einst stand, liegt heute ein Parkplatz. Die Platten von einst klingen aber immer noch faszinierend – schaumig-spacig und doch zugleich hochenergisch. Für Wohnzimmerverhältnisse bringt die Fyne Audio Ten sie beachtlich authentisch rüber. Mit vollem Tiefgang, hart kickenden Beats und völlig freien, wie funkelnder Sternenstaub durch die Hörraumluft sprühenden Höhen.
Überhaupt: die Höhen. Wer gerne mal etwas lauter hört und hin und wieder vor einem Live-Schlagzeug steht, weiß, dass deftig gespielte große Becken HiFi-Boxen eigentlich ständig an ihre Grenzen bringen. Da wird aus dem ungebremsten komplex-metallischen Aufbrausen schnell ein undifferenziertes, zugleich nerviges Zischen. Oder man hat eine Fyne, bei der das – Top-Verstärker vorausgesetzt – eben nicht passiert. Auch die kleine Tannoy mit ihrem Dual Concentric kommt da nicht mit, wobei man fairerweise dazusagen muss, dass ihr Druckkammertreiber nur bescheidene 33 Millimeter misst und es von dem Hersteller selbstverständlich auch Zehnzöller mit 75er Hochtöner gibt. Hier wie da jedoch sind Hochtondynamik und Ansprechverhalten atemberaubend.
Zum Glück arbeitet auch der Tieftöner in seinem großen Gehäuse enorm agil, sodass sich insgesamt ein zwar weicher und tonal voller, aber dynamisch superfein bewegter Klang ergibt. Mit einem Wirkungsgrad von 94dB/Wm und einer nominellen Impedanz von 8Ω eignet sich die Fyne auch für etwas stabilere Röhrenverstärker, die diese feinnervig-prickelnde Note noch hervorheben. Wobei ich die 94dB jetzt nicht als Freifahrtschein betrachten würde und die Impedanzangabe nicht über einen durchaus hügeligen Verlauf wegtäuschen sollte: Eintakt-Trioden sind nicht die idealen Partner für den schottischen Lautsprecher, der schon ein wenig Stabilität im Verstärker zu schätzen weiß. Interessant und mitreißend wird’s bei gesunden Push-Pull-Amps.
Wobei der beste Verstärker, den ich an der Fyne zu hören bekam, ausgerechnet aus Westfalen stammt und nicht nur voll und ganz transistorisiert, sondern sogar mit einem Schaltnetzteil ausgerüstet ist: T+As rüstiger PA 2000, auf dem Markt seit 2015. Ein minimal-gegengekoppelter Paradiesvogel vom leading edge aktueller Verstärkerforschung, dessen perfekt sitzender, aber eben sehr deutscher Alu-Anzug völlig falsche Klangerwartungen suggeriert. Was der T+A wirklich kann, hört man zum Beispiel, wenn am Eingang der tatsächlich unfassbar gute Soulnote E-1 vorverstärkte Phonosignale zuliefert: reine, völlig ungebremste und ungetrübte Emotion. Den japanischen Phono-Preamp durfte bei LowBeats ja Andreas Günther testen. Und er hat mit seinem Ergebnis einerseits absolut Recht und doch ein ganz kleines bisschen Unrecht: Ja, der Soulnote klingt so offen, fein und dynamisch, dass man seine Platten mit ganz neuen Ohren zu hören meint. Jedoch: nein, es ist absolut keine schlechte Idee, dieses Preamp-Monster (quick 50 Watt Stromverbrauch!) mit einem Lyra-Tonabnehmer zu verbinden. Genau das habe ich am Schluss nämlich ausprobiert, mit einem Lyra Delos. Ich verstehe Andreas’ Zurückhaltung: Wenn etwas nicht stimmt, kippt das Lyra schneller ins Helle, Zimbelige als etwa ein Goldring. Das will man mit dem enorm hochauflösenden Soulnote nicht erleben.
Andererseits: Dafür gibt es ja Spitzen-Tonarme wie den Thiele TA01 und die Kunst der korrekten Justage. Was dann an Farbe und Struktur aus dem japanischen MC sprudelt, macht einfach glücklich. Und es ist genau der Stoff, mit dem man die handgebauten IsoFlare-Treiber, die kryobehandelten Frequenzweichen und die zentnerschweren Gehäuse der Fyne Audio, das Zusammenspiel der ganzen akribisch optimierten Komponenten in vollen Zügen genießen kann. Raumfüllend, dreidimensional, lebendig und breitbandig: Die Vintage Ten ist ganz großes HiFi. Und wenn sie mit ihrem 25er Tieftöner in ganz großen Räumen oder für ganz unvernünftige Lautstärken doch etwas zu klein erscheint? Dann greift man halt vertrauensvoll zum 30- oder 38-Zentimeter-Modell, zur Vintage Twelve oder Vintage Fifteen. Wirklich notwendig wird das aber nur selten sein.
Fazit Fyne Audio Ten
Mit der Vintage Ten betritt man die höchste Lautsprecher-Güteklasse, die Fyne Audio zu bieten hat. Die Preisliste der Schotten hat da noch nicht ihr Ende erreicht, die Suche nach einem perfekten Lautsprecher dagegen schon: Für alle Räume mit Ausnahme der wirklich riesigen liefert diese Standbox mehr als üppige Dynamik, einen erstklassigen Tiefton und eine aktualisierte, ganz besonders feine und offene Interpretation der für diese großen Koaxformate typischen, körperhaft dreidimensionalen Abbildung. Analoge Quellen und allerfeinste Transistoramps mit geringer Gegenkopplung lassen die Musik besonders berückend fließen. In jedem Fall lohnt sich die Investition in bestmögliche Mit- und Zuspieler – aber sie kann auch zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Denn die Vintage Ten kommt, um zu bleiben: In der HiFi-Biografie ihres Besitzers wird sie Wurzeln schlagen wie ein Nussbaum.
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung
|
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Fantastische Abbildung, hochdynamische Auflösung |
| Hoher Maximalpegel, Anpassung von Hoch- und Mittelton möglich |
| Verarbeitung in bester Möbelqualität |
| Nur in einer Ausführung (Nussbaum) zu haben |
Vertrieb:
TAD Audio Vertriebs GmbH
Rosenheimer Straße 33
83229 Aschau
www.tad-audiovertrieb.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Fyne Audio Ten: 21.200 Euro
Die technischen Daten
Fyne Audio Ten | |
---|---|
Technisches Konzept: | 2-Wege Koax-Standbox, Bassreflex |
Bestückung: | 1 x 25 cm Tiefmitteltöner (Papier/Fiberglas), integrierter 75 mm Titan/Alloy Kompressionstreiber mit Neodym-Magnet |
Übergangsfrequenz: | 750 Hz |
Wirkungsgrad @2,83 V / 1m: |
94 Dezibel (Herstellerangabe) |
Besonderheit: |
EQ-Anpassungen: Hochton 750Hz – 26kHz (+/- 3dB), Mittelton: 2.5kHz – 5.0kHz (+/- 3dB) |
Ausführung: | Nussbaum |
Abmessungen (H x B x T): | 104,0 x 46,8 x 48,9 cm |
Gewicht: | 54,6 kg |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
Test Plattenspieler Thiele TT01/TA01: Moby Disk
Test MM-/MC-Phonovorstufe Soulnote E-1
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March 24, 2024 at 08:02PM
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